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Schüler helfen ehemaligen Zwangsarbeitern und anderen NS-Opfern in Kiew, Minsk und Moskau.

Spenden und Geschenke für ehemalige Zwangsarbeiterinnen.

Veranstaltung in der Schule der Selbstbestimmung ehrte NS-Opfer.

Ein Bericht von Eberhard Radczuweit.

Die Schule der Selbstbestimmung brauche ich hier nicht näher vorzustellen. Seit 1998 pflegt KONTAKTE-KOHTAKTbI e.V. mit dieser staatlichen Experimentalschule lebhafte Beziehungen. So wurde auf Seminaren das Thema „Schule und Demokratie“ berührt und ein deutsch-russischer Schülerworkshop in Auschwitz realisiert. Und seit einem Jahr nimmt die Schule neben weiteren Schulen in Minsk, Kiew und Berlin teil am Projekt „Schüler helfen NS-Opfern“.

Ich betrete die Aula und bin gerührt. Etwa 80 Mädchen und Jungen sitzen einer Reihe alter Frauen gegenüber. Es sind alles ehemalige „Ostarbeiterinnen“, wie sie in Nazideutschland genannt wurden. Damals waren sie in dem Alter der hier anwesenden Jugendlichen.

Es werden Reden gehalten, die Jugendlichen überreichen Blumen und – das war gewünscht worden – Blutdruckmessgeräte. Ich gebe zusätzlich vier Kuverts mit jeweils 300 Euro, denn vier Frauen erhielten von der Bundesstiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ keine Zuwendungen.

Jede Frau erzählt den Jugendlichen nacheinander aus ihrem Leben. Eine von ihnen liest die Geschichte ihrer Zwangsarbeit in Deutschland sogar in Reimen als Gedicht vor.

Aufmerksamer kann man nicht dreinschauen wie diese Schülerinnen und Schüler. Den Gesichtern der Frauen lese ich Glücksgefühle ab.

Ich war zum zweiten Mal Zeuge einer Begegnung im Rahmen der Projektreihe, die als „Psycho-soziale Betreuung ehemaliger Zwangsarbeiter“ von der Bundesstiftung finanziert wird. Und wieder war die seelische Entlastung dieser alten Menschen durch die Fürsorge jugendlicher Landsleute erkennbar.

Am Abend vor dem Rückflug war ich mit der Deutschlehrerin Valentina Derjawina zu Gast beim Schuldirektor Alexander Tubelskij. Ein Gesprächsprotokoll würde mehrere Seiten füllen.

Ich beschränke mich auf das Stichwort „Ganztagsschule“, das hierzulande den Debatten um Schulreformen vorsteht. Es bietet Stoff für eine neue Projektpartnerschaft mit der Schule der Selbstbestimmung.

Alle Begegnungen in dieser Moskauer Woche, die Gesprächsabende in Küchen und Wohnstuben zu schildern, fehlt mir die Zeit.

Neben der Freude an gelungener Projektarbeit kam bei vielerlei Diskussionen Traurigkeit auf. Man begegnet einerseits freundlichen, engagierten, klugen und kundigen Menschen – andererseits dieser Politik!

Ob Wirtschafts- oder Sozialpolitik, Bildungs- oder Gesundheitswesen, wer bläst dem Kreml nur diese Dummheiten ins Hirn? Wer will noch Arzt oder Lehrer in Russland werden, wer strebt eine Karriere als Wissenschaftler an, wenn diese Berufe keine Existenzgrundlagen bieten?

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